Über 130 Organisationen fordern: Bessere Gesundheitsversorgung statt Ausgrenzung
18.02.2025. (Berlin / München) Für einen verbesserten Zugang zu Gesundheitsversorgung für alle Menschen in Deutschland und gegen die Ausgrenzung von Migrant*innen und sozial benachteiligten Gruppen – dazu ruft Ärzte der Welt gemeinsam mit 136 Verbänden, Gewerkschaften und Organisationen auf. Unter anderem haben die Sozialverbände Vdk und SoVD, der Deutsche Gewerkschaftsbund, die Verbraucherzentrale Bundesverband, die Bundesvereinigung Lebenshilfe sowie die Wohlfahrtverbände Diakonie, AWO und der Paritätische Gesamtverband den Appell „Gesundheit unteilbar – Gemeinsam gegen Ausgrenzung und für ein gerechtes Gesundheitssystem“ unterzeichnet.
Die Organisationen zeigen sich besorgt über populistische und menschenverachtende Aussagen bis weit in die politische Mitte hinein. Diese würden die berechtigte Unzufriedenheit vieler Menschen mit dem Gesundheitssystem ausnutzen, um gegen Migrant*innen, Geflüchtete und andere marginalisierte Gruppen zu hetzen. Anstatt strukturelle Probleme in der Gesundheitsversorgung anzugehen, würden so Gruppen gegeneinander ausgespielt.
Eine Politik, die Grenzen schließen, Migration verhindern und Sozialleistungen für ohnehin benachteiligte Personengruppen streichen wolle, so der Appell, trüge nicht zu Verbesserung der gesundheitlichen Versorgung bei, sondern würde diese im Gegenteil für große Teile der Bevölkerung weiter verschlechtern. Sollten rechtsextreme Kräfte weiter erstarken, sei damit zu rechnen, dass dringend benötigte medizinische Fachkräfte und Pflegepersonal mit Migrationsgeschichte oder aus dem Ausland Deutschland verlassen beziehungsweise in Zukunft meiden werden.
Neben einem Aufruf zur Solidarität und für eine bedarfsgerechte, diskriminierungsfreie gesundheitliche Versorgung aller Menschen in Deutschland formulieren die Organisationen auch konkrete Forderungen – darunter die Schaffung eines einheitlichen, sozial gerechten und nachhaltig finanzierten Krankenversicherungssystems.
Lesen Sie den Appell hier: https://aerztederwelt.org/unteilbar
Einstehen für die menschenrechtliche Brandmauer: Flüchtlingsschutz und Menschenrechte sind Teil unserer Demokratie
Gemeinsamer Appell von 145 Bundes- und Landesorganisationen
zum 37. Parteitag der CDU am 3. Februar 2025
03.02.2025. Uns alle eint der Wunsch nach einem Leben in einer Gesellschaft, die uns schützt und unterstützt, in der wir beteiligt und respektiert werden. Diese grundlegenden Werte – Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte – sind das Fundament unserer Gemeinschaft. Sie geben uns Stabilität, Sicherheit und Halt. Sie garantieren, dass unsere grundlegende Würde und unsere Freiheit gewahrt werden. Es ist die Aufgabe von uns allen, diese Werte zu bewahren und zu verteidigen.
Die Stärke unserer Gesellschaft liegt in der Vielfalt: Unterschiedliche Ideen, Herkunftsgeschichten, Religionen, Weltanschauungen und Identitäten bereichern uns. Geflüchtete Menschen aus zahlreichen Regionen der Welt sind längst Teil unserer Gesellschaft geworden. Sie arbeiten hier, engagieren sich und ziehen ihre Kinder groß. Taten einzelner Personen, die uns fassungslos machen und in Entsetzen zurücklassen, wie der schreckliche Angriff von Aschaffenburg, dürfen niemals dazu führen, dass ganze Gruppen stigmatisiert, rassifiziert oder entrechtet werden.
Wir gehören zusammen: Ob geflüchtet, eingewandert oder hier geboren, wir sind alle Teil dieser Gesellschaft. Grund- und Menschenrechte gelten entweder für uns alle oder sie gelten gar nicht. Die Diskussionen über Verschärfungen des Staatsangehörigkeits-, Aufenthalts- und Asylrechts, die aktuell auch von der CDU maßgeblich vorangetrieben werden, bedrohen dieses Selbstverständnis. Polarisierende und grob rechtswidrige Forderungen nach Zurückweisungen von Schutzsuchenden an den deutschen Binnengrenzen, der Abschaffung des Familiennachzugs für subsidiär Schutzberechtigte, nach Rückführungen in Kriegs- und Krisengebiete und nach pauschalen Inhaftierungen aller vollziehbar ausreisepflichtigen Personen sind nicht dafür geeignet, aktuellen gesellschaftlichen Herausforderungen zu begegnen. Sie sorgen weder für mehr Sicherheit noch für zusätzlichen bezahlbaren Wohnraum, Kitaplätze oder gleiche Bildungschancen, geschweige denn für ein funktionierendes Gesundheitssystem, in dem auch psychische Erkrankungen angemessen versorgt werden. Was noch schlimmer ist: Durch ihre offensichtliche Rechtswidrigkeit schwächen sie unsere Verfassung und den Wert von europäischem und internationalem Recht.
Wir appellieren deswegen an die Vertreter*innen der CDU: Bekennen Sie sich zur menschenrechtlichen Brandmauer und stehen Sie mit uns ein für gesellschaftliches Miteinander, Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und Menschenrechte.
Bitte nehmen Sie auch im Wahlkampf Abstand von Rhetorik und Forderungen, die unsere Gesellschaft weiter spalten und die Menschen gegeneinander aufbringen. In verschiedenen EU-Ländern sind die Folgen einer autoritären Politik zu beobachten. Dort wird ein „Wir gegen die Anderen“-Denken geschürt und Politik gegen queere Menschen, Migrant*innen, Arbeitslose und andere Minderheiten betrieben. Gewalt an den Grenzen – selbst gegen Kinder – ist bereits Normalität.
Gleichzeitig werden die Institutionen des Rechtsstaats untergraben, die Unabhängigkeit der Justiz angegriffen und die Arbeit von Anwält*innen und Journalist*innen behindert oder eingeschränkt. Als konservative, christlich-demokratische Partei muss die CDU hier gegenhalten und sich klar abgrenzen.
Wir haben die Wahl: Wollen wir ein offenes, vielfältiges und demokratisches Land bleiben, das die Rechte und Grundfreiheiten aller wahrt und das die Menschen in ihrer Unterschiedlichkeit respektiert und schützt? Oder gehen wir zurück in eine düstere Zeit, in der Grund- und Menschenrechte nur noch für einige gelten und ganze Bevölkerungsteile zu Schuldigen für gesamtgesellschaftliche Missstände gemacht werden?
Politische Handlungsfähigkeit zeigt sich durch Gesetze und Maßnahmen, die realistisch, wertebasiert und rechtskonform sind. Das ist unsere Erwartung an die CDU – aktuell im Wahlkampf und besonders bei einer möglichen Regierungsverantwortung. Die unterzeichnenden Verbände und Organisationen fordern die Parteispitze der CDU sowie alle Teilnehmenden des Parteitags auf: Stehen Sie zu Ihren christlichen und demokratischen Werten und bewahren Sie Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte zum Wohle aller Menschen in Deutschland. Stehen Sie für die menschenrechtliche Brandmauer ein – mit Worten und mit Taten.
Unterzeichnende Organisationen (31. Januar 2025, 10 Uhr):
Bundesebene
Aktion gegen den Hunger
Aktionsgemeinschaft Dienst für den Frieden (AGDF)
Amadeu Antonio Stiftung
Amnesty International Deutschland e.V.
Antidiskriminierungsverband Deutschland
Armut und Gesundheit in Deutschland e.V.
Ärzte der Welt e.V.
AWO Bundesverband
BACK e.V.: Bundesverband Anonymer Behandlungsschein und Clearingstellen für Menschen ohne Krankenversicherung
BAfF – Bundesweite Arbeitsgemeinschaft der Psychosozialen Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer
borderline-europe Menschenrechte ohne Grenzen e.V.
Brot für die Welt
Bundesarbeitsgemeinschaft der Kinderschutz-Zentren
Bundesarbeitsgemeinschaft Katholische Jugendsozialarbeit
Bundesfachverband Minderjährigkeit und Flucht (BuMF) e.V.
Bundesweiter Koordinierungskreis gegen Menschenhandel – KOK e.V.
CARE Deutschland e.V.
Der Paritätische Gesamtverband
Deutsche Gesellschaft für Public Health e.V.
Deutsche Gesellschaft für Systemische Therapie, Beratung und Familientherapie (DGSF e.V.)
Deutsche Sektion der Women’s International League for Peace and Freedom (WILPF)
Deutscher Caritasverband e.V.
Deutscher Frauenrat
Deutscher Hebammenverband e.V.
Deutsches Kinderhilfswerk e.V.
Evangelische Auslandsberatung
Flüchtlingshilfe Iran e.V. 2010
FORUM MENSCHENRECHTE – Netzwerk deutscher Menschenrechtsorganisationen
GermanDream
Gesellschaft für bedrohte Völker e.V. (GfbV)
Global Citizen
Goldnetz gGmbH
Handicap International e.V.
HÁWAR.help
Humanistische Union e.V.
International Rescue Committee (IRC) Deutschland
IN VIA Katholischer Verband für Mädchen- und Frauensozialarbeit – Deutschland e.V.
IPPNW – Internationale Ärzt*innen für die Verhütung des Atomkrieges / Ärzt*innen in sozialer Verantwortung e.V.
Jesuiten-Flüchtlingsdienst Deutschland
Jugendliche ohne Grenzen
JUMEN e.V. – Juristische Menschenrechtsarbeit in Deutschland
Kabul Luftbrücke
Kindernothilfe e.V.
Komitee für Grundrechte und Demokratie e.V.
Kritnet
LeaveNoOneBehind
LSVD+ – Verband Queere Vielfalt
medico international
MISSION LIFELINE International e.V.
Moving Cities
NRV (Neue Richter*innen Vereinigung)
Ökumenische Bundesarbeitsgemeinschaft Asyl in der Kirche e.V.
Oxfam Deutschland e.V.
PRO ASYL Bundesweite Arbeitsgemeinschaft für Flüchtlinge e.V.
Raphaelswerk e. V.
Republikanischer Anwältinnen – und Anwälteverein e.V. (RAV)
Sea-Eye e.V.
SOLWODI Deutschland e.V.
Terre des Hommes Deutschland e.V.
United4Rescue – Gemeinsam retten e.V.
Verband binationaler Familien und Partnerschaften, iaf e.V.
Verein Demokratischer Ärzt*innen
We’ll Come United
Weltwirtschaft, Ökologie und Entwicklung e. V.
Zentrale Informationsstelle autonomer Frauenhäuser
Landesebene
#Rat zur Ausbildung
AG Diakonie in Rheinland-Pfalz
Aidshilfe Weimar & Ostthüringen e.V.
Arbeiterwohlfahrt Landesverband Schleswig-Holstein e.V.
AWO Kreisverband München-Stadt e.V.
AWO LAG Brandenburg
AWO Landesverband Berlin e.V.
AWO Landesverband Saarland e.V.
AWO Landesverband Sachsen-Anhalt e.V.
AWO Ortsverein Kronshagen
AWO-Region-Harz e.v.
Ban Ying e.V.
Bayerischer Flüchtlingsrat e.V.
Berliner Netzwerk für besonders schutzbedürftige geflüchtete Menschen (BNS)
Brot & Rosen, Diak. Basisgemeinschaft e.V.
Café 104 e.V.
Caritasverband für das Bistum Essen e.V.
Caritasverband für das Erzbistum Paderborn e.V.
Caritasverband für die Diözese Limburg e.V.
Caritasverband für die Diözese Münster e.V.
Caritasverband für die Diözese Münster e.V.
Caritasverband für die Erzdiözese Bamberg e.V.
Caritas in Niedersachsen
colorido e.V. Plauen
Der Paritätische Baden-Württemberg
Der Paritätische Brandenburg e.V.
Der Paritätische Hessen
Deutscher Paritätischer Wohlfahrtsverband, Landesverband Sachsen e.V.
Diakonie Hessen
Diakonisches Werk Hamburg
Diakonisches Werk Schleswig-Holstein
Diözesan-Caritasverband für das Erzbistum Köln e.V.
Diözesanrat der Katholik*innen im Bistum Aachen
Dorfliebe für alle! Saale-Orla-Kreis für Solidarität und Respekt
EmpowerMensch – Beratungszentrum gegen Diskriminierung
Ev. Kirche im Rheinland
Ev. Kirchenkreis Erfurt – Büro für ausländische Mitbürger:innen
Feministisches Netzwerk für Gesundheit Berlin
Flüchtlingsrat Baden-Württemberg
Flüchtlingsrat Berlin e.V.
Flüchtlingsrat Brandenburg
Flüchtlingsrat Niedersachsen e.V.
Flüchtlingsrat NRW e.V.
Flüchtlingsrat RLP e.V.
Flüchtlingsrat Sachsen-Anhalt
Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein e.V.
Flüchtlingsrat Thüringen e.V.
Gesundheitsmobil Lübeck
Hessischer Flüchtlingsrat
IN VIA Bayern e.V. Katholischer Verband für Mädchen- und Frauensozialarbeit
KJHZ Fürth gGmbH
LAG Autonomer Frauenhäuser Schleswig-Holstein
Landesarbeitsgemeinschaft der AWO NRW
Landesarbeitsgemeinschaft Jugendsozialarbeit NRW
Landesarbeitsgemeinschaft Katholische Jugendsozialarbeit NRW e.V.
Landesnetzwerk Migrantenorganisationen Sachsen-Anhalt e.V.
Landesverband der Migrant*innenorganisationen – MigraNetz Thüringen e.V.
Landesverband Diakonie Berlin-Brandenburg (DWBO)
Maaßen-Stiftungs-gGmbH
Medibüro Berlin
Medinetz Gießen e.V.
Medinetz Hannover e.V.
MediNetz Koblenz e.V.
MediNetzBonn e.V.
NaturFreunde Berlin
Nürnberger Menschenrechtszentrum
Ökumenewerk der Nordkirche
Paritätischer Landesverband Rheinland-Pfalz/Saarland
Paritätischer Wohlfahrtsverband, Landesverband Bayern e.V.
PASSAGE gemeinnützige Gesellschaft für Arbeit und Integration mbH
Runder Tisch Asyl und Migration in Potsdam Mittelmark
Saarländischer Flüchtlingsrat e.V.
Sächsischer Flüchtlingsrat e.V.
Save the Children Deutschland e.V.
SJD – Die Falken NRW
SozDia Stiftung Berlin
STATTwerke e.V.
Thüringer Antidiskriminierungsnetzwerk „thadine“
Verein für Demokratische Kultur in Berlin (VDK) e.V.
VIA Regionalverband Berlin/Brandenburg e.V.
Der 12.12. ist Universal Health Coverage Day
12.12.2024. (Berlin) In Deutschland gibt es eine allgemeine Krankenversicherungspflicht.
Trotzdem haben nicht alle Menschen in Deutschland Zugang zu Gesundheitsversorgung. Laut Koalitionsvertrag wollte die noch amtierende Bundesregierung „für Menschen mit ungeklärtem Versicherungsstatus, wie insbesondere Wohnungslose, den Zugang zur Krankenversicherung und zur Versorgung prüfen und im Sinne der Betroffenen klären“.
Kurz vor dem vorzeitigen Ende der Legislaturperiode legte das Bundesgesundheitsministerium nun einen „Aktionsplan für ein diverses, inklusives und barrierefreies Gesundheitssystem vor“. Zu unserem Bedauern finden sich darin keine neuen Initiativen oder Ansätze, sondern nur eine erneute Absichtserklärung zur Prüfung gesetzlicher Regelungen durch BMG, Gesetzgeber und Länder. Auch die geplante Aussetzung der Übermittlungspflicht nach §87 Aufenthaltsgesetz bei der Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen wurde nicht umgesetzt.
Für Menschen ohne Krankenversicherung hat diese Legislaturperiode also keinerlei Verbesserungen mit sich gebracht.
Der BACK setzt sich weiterhin dafür ein, dass auch auf Bundesebene Lösungen für Menschen ohne Krankenversicherungsschutz gefunden werden.
Wichtig ist uns dabei die Vernetzung mit weiteren Akteuren wie Ärzte der Welt und DVSG. So zum Beispiel im Rahmen des Vernetzungstreffens „Gesundheit Unteilbar“, das dieses Jahr von Ärzte der Welt am Universal Health Coverage Day in Berlin veranstaltet wird.
Organisationen, Verbände und Beratungsstellen schlagen Alarm: Hunderttausende in Deutschland nicht ausreichend krankenversichert
12.12.2022. (Berlin) Inflation, wachsende Armut, die Versorgung von Geflüchteten – das deutsche Gesundheitssystem ist den aktuellen Herausforderungen nicht gewachsen. Davor warnt eine zivilgesellschaftliche Allianz anlässlich des heutigen Welttags der allgemeinen Gesundheitsversorgung.
Die Bundesregierung muss zügig Maßnahmen ergreifen, um Gesundheitsversorgung für alle Menschen in Deutschland zu gewährleisten und diskriminierende Hürden abzubauen. Das fordern die NGO Ärzte der Welt, die Diakonie Deutschland und die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe gemeinsam mit der neu gegründeten Bundesarbeitsgemeinschaft Anonymer Behandlungsschein und Clearingstellen für Menschen ohne Krankenversicherung (BACK).
„Deutschland stellt sich als Musterbeispiel dar, aber immer noch können Hunderttausende notwendige medizinische Leistungen nicht in Anspruch nehmen“, kritisiert Robert Limmer von der Clearingstelle München.
Mitarbeitende in Anlaufstellen für Menschen ohne Krankenversicherung erleben täglich die Auswirkungen der zahlreichen Barrieren: „Ich habe zum Beispiel schwangere Frauen beraten, die erst kurz vor der Geburt das erste Mal von einer Gynäkologin untersucht wurden. Diese Situation birgt eine große Gefahr für Mutter und Kind“, sagt Nele Wilk von der Clearingstelle Rheinland-Pfalz.
Häufig suchen Geflüchtete, Menschen ohne geregelten Aufenthaltsstatus sowie erwerbslose oder prekär beschäftigte Menschen aus andern EU-Ländern Unterstützung bei den Anlaufstellen. Aber auch zahlreiche deutsche Staatsbürger*innen, die sich vor allem die Beiträge der privaten Krankenversicherung nicht mehr leisten können, sind darunter.
Offizielle Daten, wer in Deutschland nicht krankenversichert ist, sind unzureichend. Zum besseren Verständnis des Problems will Ärzte der Welt mit seinem heute erscheinenden Gesundheitsreport beitragen. „60 Prozent der Patient*innen haben angegeben, dass sie in den vergangenen zwölf Monaten darauf verzichtet haben, eine Arztpraxis oder Klinik aufzusuchen, obwohl sie krank waren. Bei obdachlosen Patient*innen waren das über 80 Prozent“, sagt Ärzte der Welt-Referentin Janina Gach.
Zahlreiche ehrenamtlich getragene medizinische Versorgungsprojekte sowie von Kommunen und Ländern eingerichtete Clearingstellen versuchen, die klaffende Lücke im deutschen Gesundheitssystem notdürftig zu schließen. Doch sie arbeiten am Rande ihrer Kapazitäten.
„Jeder Mensch muss sich darauf verlassen können, dass er Zugang zu medizinischer Versorgung bekommt. Gesundheit ist ein Menschenrecht und das muss in Deutschland für alle hier lebenden Menschen gelten – ohne Einschränkungen“, sagt Maike Grube, Referentin bei der Diakonie Deutschland.
Angesichts der sich zuspitzenden Lage fordern die Organisationen und Verbände die Bundesregierung auf, endlich zu handeln, und folgende Maßnahmen zu ergreifen:
- Trennung von gesetzlicher und privater Krankenversicherung abschaffen, Einführung einer gesetzlichen Krankenversicherung für alle
- Mindestbeitragssatz zur freiwilligen gesetzlichen Krankenversicherung für einkommensschwache Personengruppen senken
- Übermittlungspflicht nach § 87 Aufenthaltsgesetz abschaffen
- EU-Bürger*innen im Bezug von Sozialleistungen gleichbehandeln und Leistungsausschluss abschaffen
- Umfassende, barrierearme Gesundheitsversorgung für Geflüchtete
- Bürokratische Hürden beim Zugang zu gesundheitlicher Versorgung abschaffen, barrierearme Informationen bereitstellen
- Recht auf professionelle Sprachmittlung im Gesundheitssystem und Finanzierung dieser
- Maßnahmen zum Abbau von Diskriminierung im Gesundheitswesen und bei Behörden
- Solange der diskriminierungsfreie Zugang nicht für alle gesichert ist:
- Clearingstellen einrichten und finanzieren
- Finanzierungsmöglichkeiten medizinischer Versorgung für Menschen ohne Krankenversicherungsschutz einrichten
Hintergrund
Seit Jahrzehnten bemühen sich zivilgesellschaftliche Organisationen, Menschen ohne Krankenversicherung zu versorgen. Zum großen Teil wird diese Leistung durch ehrenamtlich tätiges medizinisches Personal erbracht. In den vergangenen Jahren haben zudem einige Länder und Kommunen Clearingstellen eingerichtet. Diese unterstützen Menschen dabei, in eine Krankenversicherung aufgenommen zu werden oder zu klären, wie die Kosten für eine Behandlung gedeckt werden können. Indem die Clearingstellen anonymisierte Behandlungsscheine ausstellen, können sie kurzfristig Zugang zum Gesundheitssystem ermöglichen. Clearingstellen sind bisher aber noch nicht flächendeckend eingerichtet worden und sind nicht für alle Ratsuchenden in erreichbarer Nähe. Zudem existieren weder einheitliche Standards noch eine ausreichende und langfristige Finanzierung.
Weiterführende Links
- Gesundheitsreport von Ärzte der Welt
- Politische Ziele der BACK
- Diakonie Deutschland
- Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe
- Verzeichnis Anonyme Behandlungsscheine, Clearingstellen und Gesundheitsfonds
- Gesundheitsversorgung in Ihrer Nähe
Kontakt – Bei Rückfragen oder Interviewanfragen können Sie sich gerne melden bei:
- Stephanie Kirchner, Pressereferentin Ärzte der Welt e. V., presse@aerztederwelt.org, +49 (0)159 0406 2104
- Bundesverband Anonymer Krankenschein- und Clearingstellen (BACK): presse@anonymer-behandlungsschein.de
- Pressestelle Diakonie Deutschland: pressestelle@diakonie.de, +49 (0)30 65211 1780
- Andreas Pützer, Andreas Pützer, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit BAGW: Telefonnummer: Tel +49 (0)30 2844 537 22, andreaspuetzer@bagw.de
